
Pia Gärtner – Writer, Coach und Yogalehrerin
Liebe Pia, stell dich doch mal kurz vor.
Ich wohne in Wien, bin aber regelmäßig auch in Oberösterreich, wo ich herkomme.
Bei mir gibt es diesen rationalen Anteil, der sich für Gesellschaftspolitik und Naturwissenschaften interessiert, also vor allem für Fakten, und jenen, der nicht den Kopf, sondern das Herz als oberste Instanz anerkennt. Meistens mache ich etwas mit Medien, schreibe etwa Artikel und mache Pressearbeit für die Universität Wien.
Aber ich gebe auch private Yoga Sessions und habe mich in den letzten Jahren intensiv mit spirituellen Lehren und Philosophien auseinandergesetzt, besonders mit Tantrischem Hatha Yoga, worin ich auch ein Teacher-Training absolviert habe. Im Moment mache ich außerdem eine Coaching Ausbildung.
Beruflich bin ich noch nicht angekommen, womit ich in den letzten Jahren ziemlich gekämpft habe. Vorher musste ich erst einmal bei mir selbst ankommen. Ich tu mir schwer damit, mich festzulegen oder mich über vorgefertigte Konzepte zu definieren. Mittlerweile bin ich aber froh, meine unterschiedlichen Potenziale kennenlernen zu können und weiß, dass diese zwei Seiten, die wissenschaftsliebende und die spirituelle, nicht mehr kämpfen müssen. Sie können immer besser koexisiteren und sich gegenseitig befruchten.
Was macht dich glücklich?
Ich bin glücklich, wenn ich gut mit meinem Selbst und dem, was höher ist als ich, in Kontakt bin: Das passiert, wenn ich mich hingebe, loslasse. Natürlich machen mich auch die Menschen, die mir nahestehen, glücklich. Dann liebe ich alles, was schön ist, sichtbar oder spürbar: Also schöne Musik, die Schönheit der Natur, innerliche Schönheit.
“What’s your why?” – Wofür brennst du?
Ich brenne für persönliche Weiterentwicklung; dafür, so viel wie möglich über mich selbst zu erfahren und der Wahrheit immer näher zu kommen. Dann möchte ich auch andere dazu inspirieren.
Du beschäftigst dich intensiv mit Umwelt- und Klimathemen. Seit wann gehst du diesen Weg und was führte dich zu einem Umdenken?
Ein Umdenken gab es in dem Sinn nicht, ich war schon als Kind völlig fertig, als ich von sozialen- und Umweltproblemen und dem Klimawandel gelernt habe. Das Bewusstsein war also immer schon da. Was sich für mich aber geändert hat ist, dass ich mich nicht mehr schuldig fühle, denn mit Schuld kommen wir nicht weiter. Ich habe viel über die Gefühle, die etwa die Klimakrise in uns auslöst, nachgedacht.
Für mich stellt sich die Frage, was passiert, nachdem wir uns all der Probleme bewusst geworden sind? Wie gehen wir mit den Gefühlen um, die da entstehen? Wie können wir die Schuld umwandeln und handlungsfähig bleiben, statt zu resignieren?
Diese Probleme sind so enorm groß, dass wir auf individueller Ebene nicht sehr viel daran ändern können – was nicht heißt, dass wir nicht auch Verantwortung haben und etwas tun müssen: Wir können einerseits Konzerne und Politik, die am viel größeren Hebel sitzen, in die Verantwortung nehmen und diese Themen immer wieder ins Gespräch bringen, wählen und demonstrieren gehen.
Andererseits, und das empfinde ich als besonders wichtig, können wir Verantwortung für uns selbst und unsere Emotionen übernehmen, da ich glaube, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen unseren (unterdrückten) Gefühlen und diesen Problemen gibt.
Was hältst du von der Aussage “typisch weiblich”?
Ui, schwierig. Auch hier hat sich in den letzten Jahren viel getan. Früher wäre ich wild geworden, weil diese Phrase ja meistens abwertend verwendet wird. Heute finde ich Generalisierungen immer noch problematisch, aber ich denke schon, dass es typisch weibliche Anteile in uns gibt – bei allen Geschlechtern – und dass „typisch weiblich“ grundsätzlich eine wunderbare Zuschreibung ist.
Würdest du sagen, dass deine männlichen, als auch deine weiblichen Attribute in dir ausgeglichen sind?
Ja, ich bin jedenfalls auf dem Weg. Ich kann sie immer mehr bewusst einsetzen und feiern. Jede Seite hat aber auch ihre Schattenseiten, denen ich noch mehr Aufmerksamkeit geben will. Ich glaube, das ist noch wichtiger als Ausgeglichenheit.
Welche Werkzeuge helfen dir zurück in deine Mitte zu finden?
Mir hilft es, die Perspektive zu wechseln und einen Überblick zu bekommen, indem ich etwa räumlich ausbreche. Als Tools: Meditation, Yoga, mich auf der Tanzfläche verlieren, Spazierengehen; oder, was mich aus dem Gleichgewicht bringt, aus mir herausbringen, durch Schreiben oder Gespräche, etwa im Coaching.
Hast du ein Frauenvorbild? Wenn ja wen?
In dem Sinn nicht. Da ich starke Frauen in meiner Familie habe, war es nicht immer einfach, meinen Weg zu finden, obwohl sie mir natürlich immer noch in gewisser Weise Vorbilder sind.
Mich inspirieren aber viele Frauen* aus ganz unterschiedlichen Bereichen: meine kreativen Freundinnen, meine Coaching Ausbildnerin, viele Musiker*innen wie FKA Twigs oder M.I.A.; Aktivist*innen, Frauen* mit ganz einzigartigen Stilen, auch meiner Yoga Lehrerinnen, etwa Desiree Pais, inspirieren mich.
Wofür bist du dankbar?
Im Moment bin ich sehr dankbar dafür, auch außerhalb von „spirituellen Kreisen“ Menschen gefunden zu haben, die für die gleichen Themen leben wie ich, weil sie mich unheimlich motivieren, weiterzumachen.
Liebe Pia, vielen herzlichen Dank!
Fotos: Martina Trepczyk und Christina Danetzky