
Saskia Wiesenthal – Marketingleiterin Hotel Altstadt Vienna
Liebe Saskia, erzähl uns ein bisschen über dich. Was machst du beruflich?
Geboren und aufgewachsen bin ich in Wien und lebe nach wie vor hier. Ich bin Mutter von zwei Kindern (Annika, 11 und Ferdinand, 8) und seit 13 Jahren mit einem wunderbaren Mann verheiratet. Rene Kränzl-Wiesenthal, ein großartiger Osteopath und der wichtigste Mensch in meinem Leben.
Ich bin im Hotel Altstadt Vienna für Marketing, Social Media, Presse und Kunst zuständig. Das ist ein sehr breites Tätigkeitsfeld. Ich arbeite viel mit kreativen Menschen zusammen, schreibe Texte, betreue verschiedenste Kooperationen, behalte den Überblick über unsere Kunstsammlung und vieles mehr.
Mein Vater hat das Hotel 1991 mit 24 Zimmern gegründet und zu einem der besten Boutique Hotels Wiens mit inzwischen 61 Zimmern und Suiten gemacht. Darauf bin ich sehr stolz.

Wie sieht dein persönlicher Weg aus und wie bist du dorthin gekommen wo du jetzt gerade stehst?
Ich war immer schon an Kunst interessiert, war aber als Malerin nicht sehr begabt. Dafür habe ich sehr viel fotografiert. Ursprünglich wollte ich Reisefotografin werden. Stattdessen habe ich 1 Jahr Kunstgeschichte studiert und danach das Fotokolleg an der Graphischen absolviert. Leider hat mir der Mut gefehlt, da wirklich etwas draus zu machen und meinen Weg zu verfolgen. Mir wurde eingebläut, dass man in Österreich unbedingt einen Titel braucht, um es irgendwohin zur bringen und in der Gesellschaft respektiert zu werden. Also bin ich zuerst auf eine 3-monatige Reise nach Guatemala gegangen und hab danach an der FH das 4 jährige Marketing & Sales Studium abgeschlossen.
Nach verschiedensten unbefriedigenden Jobs als Marketing Assistentin bin ich mit unserer Tochter schwanger geworden und konnte endlich Mama sein. Aber im Hinterkopf saß immer die Erwartung auch als Mama arbeiten zu müssen. Die Stelle als Hausdame im Betrieb meines Vaters war frei und ich konnte Stück für Stück einsteigen. Rückblickend würde ich nicht wieder so früh ins Arbeitsleben zurück, sondern die Zeit nutzen, um mir Gedanken zu machen, wohin ich mit mir selber in meinem Leben will und wo mein Potential liegt. Kaum eingearbeitet war ich mit meinem Sohn schwanger und als er knapp 2 Jahre alt war wurde die Marketing Stelle im Hotel frei. Also bin ich nach der Karenz in diese Position ins Hotel Altstadt Vienna zurückgekehrt. Seitdem hat sich vieles verändert, der Aufgabenbereich ist enorm gewachsen, v.a. durch Social Media. Es macht mir großen Spass, Teil der Altstadt Familie zu sein und ein so schönes Produkt nach Außen zu vertreten.
Mein Herzensthema ist aber die Ernährung. Ich habe mich mein ganzes Leben lang schon mit Essen beschäftigt. Immerhin ist die Nahrung, die wir unserem Körper zuführen sein Baumaterial. Ich habe auch eine Ernährungscoach-Ausbildung und stelle daheim mein eigenes Kimchi, Kombucha, Frühstücksbrei, Kraftsuppen, etc. her. Vielleicht finde ich irgendwann den Mut auch mit diesem Thema nach Außen zu gehen.
Wie vereinbarst du dein Unternehmen mit deinem Privatleben/mit deiner Familie?
Ich kann mich glücklich schätzen an einer sehr flexiblen Position zu sitzen. Nachdem ich die Möglichkeit habe von überall zu arbeiten, bin ich nicht an fixe Zeiten gebunden und kann schnell mal weg wenn ich zuhause gebraucht werde. Das hat allerdings auch den Nachteil, dass ich meine Arbeit immer mit mir mitschleppe und die Geräte wirklich bewusst abdrehen muss, um zur Ruhe zu kommen. Es kommt auch vor, dass ich bis in die Nacht am Computer sitze, wenn alle Familienmitglieder längst schlafen. Es gibt halt immer etwas zu tun.
Mein Mann und ich teilen uns die Familien-Aufgaben so ziemlich 50:50 auf. Er hat außerdem seine Praxis im selben Haus in dem sich das Hotel befindet und so treffen wir uns hin und wieder auf einen Kaffee oder ein Mittagessen. Das genieße ich sehr.
Aber klar, es ist immer ein Abwägen nötig und wenn ich nicht aufpasse, kippt das Gleichgewicht zu schnell in Richtung Arbeit und die Familie kommt zu kurz.

Was bedeutet Weiblichkeit für dich?
Verbundenheit mit allem Ursprünglichen, etwas Nährendes, Weiches, Rundes. Fürsorglichkeit und Einfühlungsvermögen, ein gewisser (Mutter)instinkt – ob man nun Mutter ist oder nicht, dem Bauchgefühl, der Intuition folgen. Emotionen zulassen.
Was bedeutet es für dich eine starke Frau zu sein?
Stark sein bedeutet für mich, für meine Überzeugungen einzustehen und an mich und meine innere Kraft zu glauben. In den Momenten in denen mir das vollständig gelingt und ich alle Zweifel abschütteln kann, habe ich das Gefühl, dass nichts mehr schief gehen kann und alles möglich wird. Stark sein bedeutet aber auch, meine Schwächen zu kennen und mit ihnen umzugehen wissen, mir Fehler einzugestehen und daraus zu lernen.
Worin besteht dein Sinn des Lebens? Hast du eine Vision in dieser Welt?
Momentan stehe ich vor so vielen Entscheidungen und Herausforderungen. Da voran zu kommen ist momentan mein Sinn des Lebens. An der Vision arbeite ich noch.
Ich denke, wir sollten unsere Zeit hier auf der Erde bestmöglich nutzen und dabei alles Leben respektieren. Ich möchte herausfinden, wie ich mein Potential entfalten kann, Erfahrungen machen, daran wachsen und meine Erkenntnisse weitergeben.
Vielleicht liegt der Sinn auch darin, zu erkennen, dass wir alle eins sind. Eine Energie. Wenn wir es schaffen, unsere Egos beiseite zu schieben, wird das Leben friedlicher.
Was war für dich bis jetzt die größte Herausforderung in deinem Leben?
Als mein Sohn circa 6 Monate alt war, sind alte Schmerzen bei mir wieder aufgetaucht. Ursprünglich hatten diese mich zu meinem Mann geführt, ich sollte ihnen also dankbar sein. Allerdings haben sie sich dieses Mal nicht mehr weg therapieren lassen. Es folgten diverse Arztbesuche und Untersuchungen während sich die Schmerzen weiterentwickelt und verändert haben. Gefunden wurde nichts. Borrelliose war eine Vermutung. Aber dafür gibt es keine verlässliche Therapie. Die Schmerzen waren heftig und ich habe infolge circa 5 Jahre lang regelmäßig Schmerzmittel genommen, teilweise die Höchstdosis. Ich war kurz davor, mich auf eine Knie-Operation einzulassen, bin auf Krücken gegangen und bin jedesmal in Tränen ausgebrochen, wenn mich jemand gefragt hat, wie’s mir geht.
Es tut mir heute noch im Herzen weh, wenn ich daran denke, wie ich meine beiden kleinen Kinder weder gut heben, noch mit ihnen herumtollen konnte. Im Gegenteil, ich musste sie immer einbremsen, wenn sie wild wurden. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich zwischendurch aufgegeben und damit auch meine Familie. Ich bin geflüchtet und wollte mir mein ganz eigenes Leben so zurückholen. Das hat natürlich nicht geklappt, ganz im Gegenteil, denn ich habe mein engstes Umfeld damit verletzt. Mein Mann hat in dieser Zeit dafür gesorgt, dass unser Leben nicht aus dem Ruder läuft. Ich bin ihm heute sehr dankbar dafür, dass er immer hinter mir gestanden ist.
Die Geschichte geht gut aus. Mir wurde ein Rheumatologe empfohlen, der mir sofort eine Immuntherapie verschrieben hat. Ich habe gut darauf reagiert und führe seither ein neues Leben. Zwischendurch muss ich mich immer wieder daran erinnern, dass es nicht selbstverständlich ist, dass ich mich normal fortbewege und Sport machen kann. Ich weiß das jetzt ganz anders zu schätzen als vor den Schmerzen.
Was hilft dir dich immer wieder zu motivieren? Hast du besondere Rituale?
Wenn ich mir etwas in den Kopf setze und die Sache geht auf, dann fühlt sich das an wie fliegen. Solche gelungenen Momente, in denen ich ins Vertrauen gegangen bin, motivieren mich.
Lebensgeschichten von Menschen, die ihren Weg gehen ohne der Angst den Vortritt zu lassen, finde ich sehr motivierend.
Wie findest du zu dir selbst, zu deiner Mitte?
Ich liebe Bäume (ja, ich umarme sie auch) und Spaziergänge im Grünen. Ich liebe das Wasser und kann beim Schwimmtraining richtig gut abschalten.
Beim Musik hören und Tanzen kann ich gut Energie tanken – darüber fühle ich mich auch ganz stark verbunden mit mir selbst.
Meditation hilft mir dabei, mich auf mich zu besinnen und mich daran zu erinnern, dass ich stark bin.

Wofür bist du dankbar?
Ich bin unglaublich dankbar, einen großartigen Mann an meiner Seite zu wissen, der mir seine Loyalität schon so oft gezeigt hat. Ich bin dankbar für unsere wunderbaren Kinder, die meine größte Herausforderung und mein größtes Glück bedeuten. Ich bin dankbar für die Freundschaft zu vielen herzensguten Menschen. Ich bin dankbar für die Unterstützung, die ich durch meine Familie erfahren kann. Ich bin dankbar für all die Hürden, die mich über mich selbst hinauswachsen lassen.
3 Erkenntnisse, welche du vielleicht mit uns teilen magst?
- Ins Leben vertrauen und angstfrei sein bedeutet Freiheit
- Es fällt leichter einen Weg zu beschreiten, wenn man ihn nicht als endgültig betrachtet
- Es ist nie zu spät, mit etwas anzufangen. Meine Großtante Hanne hat 30 Jahre lang jeden Tag Yoga gemacht, aber erst mit 60 Jahren angefangen
- Sich mit anderen zu vergleichen und zu urteilen macht tendenziell unglücklich und blockiert die eigenen Energien. Glück und Zufriedenheit kann nur aus einem selbst heraus entstehen und hat seinen Ursprung niemals im Außen
- Wenn sich ein Bauchgefühl meldet hat es meist eine Berechtigung und sollte gehört werden

Wer oder was inspiriert dich?
Die Natur.
Gespräche – oft nimmt ein Gedanke erst seinen Lauf, sobald er ausgesprochen ist.
Unerwartete, bereichernde Begegnungen mit Menschen.
Liebe Saskia, vielen Dank!
Fotos von Constantin Witt-Dörring