
Rita Hofmeister – STUDIO ICH
Erzähl uns ein bisschen über dich. Was machst du beruflich?
Ich habe vor ein paar Jahren das STUDIO ICH gegründet. Einen Ort, der dafür da ist, sich – nicht in einem egoistischen sondern im besten Sinne – auf sich selbst zu konzentrieren. Ich möchte Menschen darin unterstützen, ihren Weg zu finden, sich wohler in ihrer Haut zu fühlen, ganz und heil zu werden. Im STUDIO ICH gibt es Yoga und Meditation. Gelernt habe ich klassisches Hatha-Yoga bei Sivananda, ich bin aber auch ein großer Yin-Yoga-Fan. Yoga und Meditation sind für mich ein Weg, zu sich selbst zu kommen und sich zu spüren, sich körperlich und auch emotional besser kennen und annehmen zu lernen.
Den Anstoß, mich selbständig zu machen, hat aber meine Ausbildung im Impuls-Strömen gegeben. Dabei geht es ganz praktisch um das Anregen von Selbstheilungskräften durch sanfte Berührung. Was mich aber am Impuls-Strömen so fasziniert, ist das umfassende Wissen über die Zusammenhänge zwischen Körper, Geist und Energiesystem, die Weisheit, die in Krankheits-Symptomen steckt und die daraus entstehende Möglichkeit, sein Denken und Tun in eine heilende Richtung zu verändern. Das ist richtig spannend.

Wie sieht dein persönlicher Weg aus und wie bist du dorthin gekommen wo du jetzt gerade stehst?
Um dorthin zu gelangen, wo ich jetzt bin, musste ich erst an einem Punkt ankommen, an dem es mir nicht gut ging. Ich habe früher in der Werbe-Branche gearbeitet. Mein Job war stressig, hoher Druck lastete auf mir, und inhaltlich habe ich mich mit Dingen beschäftigt, die ich im Nachhinein betrachtet belanglos fand. Und auch in meinem Privatleben, meinen Beziehungen, war ich einfach nicht ich.
Den ersten Schritt in eine neue Richtung habe ich – damals eher noch unbewusst – nach einer großen Endometriose-Operation getan. Ich bin das erste Mal in meinem Leben allein verreist und habe in Indien eine Yogalehrer-Ausbildung gemacht. Es hat aber noch Jahre, weitere gesundheitliche Probleme und ein Beziehungsende gebraucht, bis ich auch mit der Ausbildung im Impuls-Strömen angefangen und gewusst habe, dass das mein neuer Weg ist.
Wenn ich heute zurückschaue, bin ich dankbar für all die Schwierigkeiten und dunklen Phasen in meinem Leben. Ohne sie wäre ich heute nicht dort, wo ich bin.
Wie vereinbarst du dein Unternehmen mit deinem Privatleben/mit deiner Familie?
Ich habe keine Kinder. Ich glaube, das macht das Vereinbaren von Selbständigkeit und Privatleben viel einfacher. Meine Endometriose – und natürlich die Tatsache, dass ich mit einer Frau verheiratet bin – machten es für mich unmöglich, auf natürlichem Weg schwanger zu werden. Und nach einem nicht geglückten IVFVersuch habe ich mich bewusst dafür entschieden, keine Kinder zu bekommen.
Ich war damals schon 38, hatte das STUDIO ICH gerade erst gegründet und ich wollte meine ganze Kraft in meine berufliche Zukunft legen. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass mich meine Frau in dieser Entscheidung bestärkt hat. Wir sind heute beide selbständig, glücklich und können es uns gar nicht mehr anders vorstellen. Mutter zu sein, fehlt mir nicht.
Was bedeutet Weiblichkeit für dich?
Das ist eine schöne Frage, die frau sich viel öfter stellen sollte. Wir leben im 21. Jahrhundert und Gleichberechtigung und Gleichstellung sind auch bei uns noch lange nicht wirklich erreicht. Manchmal habe ich aber das Gefühl, dass wir dafür mit den falschen Mitteln kämpfen. Ausgefahrene Ellenbogen, Härte, Ego-Gehabe – ich glaube, mehr wie die Männer sein zu wollen, ist nicht der richtige Weg.
Weiblichkeit bedeutet für mich das Annehmen aller Aspekte des Seins und das Feiern der Rhythmen und Zyklen des Lebens. Mir zu erlauben, weich und zart zu sein, mich aber auch wohlzufühlen dabei, nach außen zu gehen, meine Meinung zu sagen und dazu zu stehen. Weiblichkeit hat für mich viel mit emotionaler Intelligenz, der Fähigkeit Verbindungen herzustellen und Konfliktlösungs-Kompetenz zu tun. Und meinen Weg zu gehen, egal was andere dazu sagen, oder „die Gesellschaft“ von mit erwartet. Mein Herz zu spüren und meiner Intuition zu folgen, hat für mich etwas Ur-Weibliches.
Was bedeutet es für dich eine starke Frau zu sein?
Genau das. Mich selbst und meine Wünsche und Träume kennenzulernen, mich zu akzeptieren und meinen Weg zu gehen. Keine Angst zu haben, was man von mir halten könnte, meine Freude zu leben und zu zeigen. Das ist stark. Und ansteckend.
Ich finde, jetzt ist genau die richtige Zeit für eine Initiative wie her. Wir starken Frauen müssen endlich anfangen, uns gegenseitig zu unterstützen und zusammenzuarbeiten. Um auch den Frauen einen sicheren Raum zu schaffen, die ihre Stärke und Kraft erst noch entdecken und ihren Weg noch finden müssen.
Worin besteht dein Sinn des Lebens? Hast du eine Vision in dieser Welt?
Ja, das habe ich. Als ich mich dafür entschieden hatte, keine Mutter zu werden, habe ich mich gefragt, was mich denn ursprünglich dazu gebracht hatte, es zu versuchen. Und da habe ich bemerkt, dass es mir eine große Freude gewesen wäre, meinem Kind etwas weiterzugeben, Dinge, die ich im Leben gelernt habe, weiterzureichen.
Und da habe ich realisiert, dass genau das mein Traum, mein Wunsch, meine Freude, mein Sinn im Leben ist. Weiterzugeben, zu unterstützen, Wissen zu teilen, und in schwierigen Situationen da zu sein. Zwar nicht als Mutter für ein oder zwei Menschen, sondern am liebsten für ganz vielen Menschen. Das treibt mich und mein STUDIO ICH auch an. Ich möchte Menschen helfen, ihren ureigenen Weg zu finden und sie dabei unterstützen, glücklicher und gesünder zu leben.
Was war für dich bis jetzt die größte Herausforderung in deinem Leben?
Puh, das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Ich erhole mich gerade von einer großen Operation, und auch vor 13 Jahren durchlebte ich eine OP mit ganz schwieriger Heilungsphase. Das waren und sind bedeutende und fordernde Einschnitte.
Mich mit 35 Jahren das erste Mal im Leben in eine Frau zu verlieben, zu realisieren, dass das kein vorübergehendes Gefühl sondern stark und echt ist, und mich mit allen Konsequenzen für diese Beziehung zu entscheiden, war auch ein großer Meilenstein.
Aber ich glaube, das Schwierigste in meinem bisherigen Leben war, mich ganz von meinem alten Leben in der Werbung zu verabschieden und ein neues mit Yoga und Impuls-Strömen zu beginnen. Mich von der Sicherheit, einem gewissen Glamour und einem sehr komfortablen Gehalt zu verabschieden, hat viel Kraft und Überwindung gekostet. Ich bin froh, dass meine Frau, meine Familie und meine Freunde mich damals so unterstützt und in meinem Weg bestärkt haben. Obwohl ich wusste und fühlte, dass das richtig ist, habe ich trotzdem eine Zeit gebraucht, Teile meines alten Ich loszulassen, und wieder zu mir, zur „neuen Rita“ zu finden. Mich mit Ende dreißig sozusagen komplett neu zu erfinden, war sicherlich die bisher größte Herausforderung in meinem Leben.
Was hilft dir dich immer wieder zu motivieren? Hast du besondere Rituale?
Das ist lustig. Seit ich mache, wovon ich überzeugt bin und was ich liebe, brauche ich eigentlich keine extra Motivation. Der Wunsch, anderen weiterzuhelfen, ist so stark, dass ich vor Ideen sprudle und jeden Tag etwas Neues anfangen könnte. Im Gegensatz zu früher macht mir auch Veränderung keine Angst mehr. Ich bin total neugierig und gespannt, was noch alles auf mich zukommen wird.
Schwierigkeiten habe ich eher mit dem Gegenteil, mit dem Ruhe geben. Mir Zeit und Raum zum Erholen und Regenerieren zuzugestehen – obwohl oder eher weil ich ja so liebe was ich tue – das musste ich erst lernen. Und Geduld ist auch nicht meine Stärke… Mit kleinen Momentgenüssen (dem bewussten Wahrnehmen von Kaffeeduft, warmer Sonnenstrahlen auf der Haut, Vogelgezwitscher, oder was man sonst schön findet) ganz im Hier und Jetzt zu sein und den Moment zu feiern, hilft mir dabei, nicht zu sehr im Morgen zu leben.
Wie findest du zu dir selbst, zu deiner Mitte? Welche Rolle spielen Yoga und Meditation dabei?
Yoga, eine Ström-Session, ein guter Duft, Ruhe und Zeit mit mir allein, das sind meine Mittel und Wege zu mir selbst. Ich bin sehr schnell zu begeistern und lasse mich gern mitreißen. Diesen Teil von mir mag ich auch sehr gern. Mir aber ganz bewusst Zeit für mich allein zu nehmen, hilft mir dann dabei, meine innere Stimme wieder laut und deutlich zu hören, nicht von meinem Weg abzukommen, oder eben wieder zurückzufinden.
Wofür bist du dankbar?
Für so Vieles! Für meine Eltern, meine schöne Kindheit, dass sie mir mitgegeben haben, dass ich alles sein und tun kann, was ich will. Für meine Frau, die mich fordert und fördert, die mich dazu anspornt, über mich selbst hinauszuwachsen. Für meine Lehrer und Wegbegleiter, auch denen früher in der Werbung, sie alle haben mich schlauer gemacht und – wenn auch manchmal über Umwege – auf meinen Weg gebracht.
Ich bin auch dankbar für alle nicht so schönen Dinge, die mir im Leben passiert sind. Konflikte, Streit, Kummer, Trauer, Angst, Überforderung – denn vor allem diese anstrengenden und nicht so schönen Gefühle waren der Motor dafür, mein Leben zu verändern. Und ohne sie wäre heute wahrscheinlich nichts so, wie es ist. Und das wäre sehr schade.
Hast du persönliche Erkenntnisse, die du mit uns teilen magst?
Krank zu sein ist nichts wogegen man kämpfen muss, sondern ein blinkendes Hinweisschild, dem man folgen soll.
Veränderung kann Angst machen und anstrengend sein, sie ist aber der einzige Weg, dass sich etwas verändert.
Es ist nie zu spät, alles umzukrempeln und neu anzufangen.
Wer oder was inspiriert dich?
Zur Zeit inspirieren mich tatsächlich starke Frauen, die Mut haben, ihren Weg gehen, neu denken, kreieren, erschaffen, und andere daran teilhaben lassen. Das weckt in mir nicht nur Ideen, sondern auch das Bedürfnis, mich zusammenzutun und gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen.
Danke für diesen ehrlichen und schönen Einblick, liebe Rita!